Staatsanwaltschaften stellen Anträge auf selbstständige Einziehung nach illegalem Glücksspiel
In einer bemerkenswerten neuen Entwicklung gehen die Staatsanwaltschaften verstärkt gegen Teilnehmer von illegalem Glücksspiel vor, unabhängig davon, ob die ursprünglichen Ermittlungsverfahren nach § 153 StPO (Einstellung wegen Geringfügigkeit) oder § 170 Abs. 2 StPO (Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts) eingestellt wurden. Es werden nun verstärkt Antragsschriften wegen der Beteiligung an einem öffentlichen Glücksspiel nach § 285 StGB verschickt. Die Behörden argumentieren, dass die Betroffenen durch die Teilnahme an illegalem Glücksspiel etwas erlangt haben, sodass die Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB in Betracht kommt.
Einziehung des Erlangten gemäß § 73 Abs. 1 StGB
Die Staatsanwaltschaften stützen ihre Begründung für die Einziehung auf § 73c S. 1 StGB. Demnach seien die erlangten Geldbeträge – oft in Form von Buchgeld – auf das Kontokorrent der jeweiligen Konten eingestellt worden. Dies ermögliche die Einziehung des Wertes des Erlangten gemäß § 73c und § 73d StGB. Besonders auffällig ist, dass sich die Staatsanwaltschaften bei der Berechnung des Einziehungsbetrages ausschließlich auf die ausgezahlten Gewinne der Betroffenen beziehen und dabei Verluste aus dem illegalen Glücksspiel unberücksichtigt lassen. Dies stellt eine deutliche Abweichung von der üblichen Praxis dar, bei der Verluste im Zusammenhang mit Rückforderungen gegenüber Glücksspielanbietern oft gegengerechnet werden.
Keine Anwendung der Differenzhypothese
Normalerweise kommt bei Rückforderungen von Geldern im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel die Differenzhypothese zur Anwendung, bei der sowohl Gewinne als auch Verluste gegeneinander aufgerechnet werden. Diese Methode stellt sicher, dass nur der Nettoertrag aus dem illegalen Glücksspiel zurückgefordert wird. In den aktuellen Verfahren der Staatsanwaltschaften wird diese Herangehensweise jedoch bewusst nicht angewandt. Stattdessen konzentrieren sich die Behörden ausschließlich auf die Gewinne, die die Beschuldigten aus dem Glücksspiel erzielt haben, ohne etwaige Verluste zu berücksichtigen. Diese Vorgehensweise führt dazu, dass der Einziehungsbetrag oft deutlich höher ausfällt als bei einer differenzierenden Betrachtung.
Antrag auf selbstständige Einziehung nach § 76a StGB
Auf Grundlage dieser Argumentation haben die Staatsanwaltschaften bei den jeweils zuständigen Gerichten Anträge auf selbstständige Einziehung nach § 76a StGB gestellt. Diese Vorschrift ermöglicht es, Taterträge oder deren Gegenwert unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung einzuziehen. Es handelt sich also um eine eigenständige Maßnahme, die auch dann durchgesetzt werden kann, wenn das eigentliche Strafverfahren gegen die Betroffenen eingestellt wurde.
Fazit und Ausblick
Die jüngste Vorgehensweise der Staatsanwaltschaften wirft einige rechtliche Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die fehlende Berücksichtigung von Verlusten bei der Berechnung des Einziehungsbetrages. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte auf diese Anträge reagieren und ob die Betroffenen hier erfolgreich Rechtsmittel einlegen können, um eine Berücksichtigung der Verluste zu erreichen. Für Teilnehmer illegaler Glücksspiele dürfte diese Entwicklung jedoch ein ernstes Risiko darstellen, auch dann, wenn das eigentliche Ermittlungsverfahren gegen sie bereits eingestellt wurde.
Sollten Sie selbst von einem solchen Verfahren betroffen sein oder Fragen zur selbstständigen Einziehung nach § 76a StGB haben, empfehlen wir dringend, sich rechtlich beraten zu lassen, um Ihre Rechte in diesem komplexen und sich entwickelnden Rechtsbereich zu wahren.
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