Pflichtteilsergänzungsanspruch bei einer Immobilie: Erklärung und Beispiel
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch kommt ins Spiel, wenn der Erblasser vor seinem Tod Schenkungen gemacht hat, die den Nachlass vermindern und somit den Pflichtteil der pflichtteilsberechtigten Erben schmälern könnten. Dieser Anspruch soll sicherstellen, dass Pflichtteilsberechtigte trotz solcher Schenkungen ihren rechtmäßigen Anteil erhalten.
Wann greift der Pflichtteilsergänzungsanspruch?
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch gilt insbesondere dann, wenn der Erblasser eine Immobilie verschenkt hat und der Schenkungszeitpunkt noch nicht lange genug zurückliegt. Relevant ist hierbei der Zeitraum von zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers. Innerhalb dieses Zeitraums werden Schenkungen anteilig bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt.
Beispiel: Pflichtteilsergänzungsanspruch bei einer Immobilie
Angenommen, Herr Müller hat zwei Kinder und ist im Jahr 2023 verstorben. Im Jahr 2015, also acht Jahre vor seinem Tod, hat er seinem Sohn eine Immobilie geschenkt, die damals einen Wert von 400.000 Euro hatte. Zum Zeitpunkt seines Todes beträgt der restliche Nachlass (ohne die Immobilie) 200.000 Euro.
- Gesamtnachlass ohne Schenkung: 200.000 Euro
- Schenkungswert der Immobilie (vor acht Jahren): 400.000 Euro
Der Pflichtteilsanspruch der Kinder wird wie folgt berechnet:
- Pflichtteilsquote: Da es zwei Kinder gibt und keine anderen Erben vorhanden sind, beträgt die gesetzliche Erbquote jedes Kindes 50 %. Der Pflichtteil ist somit 25 % (die Hälfte der gesetzlichen Erbquote).
- Wert der Schenkung: Weil die Schenkung vor acht Jahren erfolgte, wird der Wert der Immobilie anteilig in die Pflichtteilsergänzung einbezogen. Es gilt die sogenannte Abschmelzungsregel: Für jedes Jahr, das seit der Schenkung vergangen ist, wird der Wert der Schenkung um 10 % gemindert. Bei acht Jahren beträgt der Wert somit noch 20 % von 400.000 Euro, also 80.000 Euro.
- Ergänzter Nachlasswert: Der ergänzte Nachlasswert, der zur Berechnung des Pflichtteils herangezogen wird, beträgt nun 200.000 Euro (ursprünglicher Nachlass) + 80.000 Euro (anteiliger Schenkungswert) = 280.000 Euro.
- Pflichtteilsberechnung: Der Pflichtteil für jedes Kind beträgt nun 25 % von 280.000 Euro, also 70.000 Euro.
Wenn der restliche Nachlass (200.000 Euro) nicht ausreicht, um den vollen Pflichtteil zu decken, kann das zweite Kind den Pflichtteilsergänzungsanspruch gegenüber dem Bruder geltend machen, der die Immobilie erhalten hat.
Fazit
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch sorgt dafür, dass Schenkungen, die der Erblasser kurz vor seinem Tod gemacht hat, bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden. Dies schützt die pflichtteilsberechtigten Erben davor, durch großzügige Schenkungen benachteiligt zu werden.
Haben Sie Fragen zu Ihrem Pflichtteilsanspruch oder zu möglichen Pflichtteilsergänzungsansprüchen? Kontaktieren Sie uns für eine umfassende Beratung – wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte zu wahren und durchzusetzen!
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