Einem Pflichtteilsberechtigten steht auch nach Ausschlagung seines Erbteils gemäß § 2306 Abs. 1 BGB ein Auskunftsanspruch gemäß § 2314 Abs. 1 BGB zu.
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https://openjur.de/u/2460340.html
"2. Die Klage hat in der Sache Erfolg.
a) Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Auskunftsanspruch des Klägers aus § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB angenommen.
aa) Ob ein Pflichtteilsberechtigter nach Ausschlagung seines Erbteils gemäß § 2306 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB nicht Erbe im Sinne von § 2314 Abs. 1 BGB ist, ist umstritten.
Nach einer Auffassung ist § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht auf Personen anzuwenden, die erst durch Ausschlagung des Erbes nicht als Erben anzusehen sind (vgl. OLG Celle ZEV 2006, 557 unter I 1 [juris Rn. 3 f.]; Jauernig/Stürner, BGB 18. Aufl. § 2314 Rn. 1). Nach dieser - auch Ausschlagungen nach § 2306 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB betreffenden - Ansicht dürfe die Ausschlagung des Erbes durch den späteren Kläger nicht dazu dienen, seine Stellung im Auskunftsverfahren gegenüber dem Erben zu verbessern und ihm Rechte einzuräumen, die ihm als Miterbe nicht zustünden. Die Unterscheidung zwischen dem pflichtteilsberechtigten Nichterben und dem pflichtteilsberechtigten Miterben, die das Gesetz vornehme, dürfe nicht dadurch unterlaufen werden, dass der nur unter eingeschränkten Voraussetzungen mit Auskunftsansprüchen ausgestattete Miterbe die Erbschaft ausschlage, um sich einen von weiteren Voraussetzungen unabhängigen Auskunftsanspruch gegen den (Mit-)Erben zu verschaffen (OLG Celle aaO [juris Rn. 4]).
Nach der überwiegenden, auch vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung steht einem Pflichtteilsberechtigten nach Ausschlagung seines Erbteils gemäß § 2306 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB ein Auskunftsanspruch aus § 2314 Abs. 1 BGB zu (vgl. OLG Schleswig ZEV 2015, 109 Rn. 11 f., 22 ff.; OLG Naumburg ZEV 2015, 114 Rn. 10 ff.; OLG Karlsruhe ZEV 2008, 39 unter II [juris Rn. 7 ff.]; OLG Brandenburg ZErb 2004, 132 f. [juris Rn. 24, 26]; BeckOK-BGB/Müller-Engels, § 2314 Rn. 3 [Stand: 1. August 2022]; BeckOGK-BGB/Blum/Heuser, § 2314 Rn. 19, 20.2 [Stand: 1. November 2021]; Burandt/Rojahn/Horn, Erbrecht 4. Aufl. § 2314 Rn. 6; Dauner-Lieb/Grziwotz/Würdinger, Pflichtteilsrecht 3. Aufl. § 2314 Rn. 5; jurisPK-BGB/Birkenheier, 9. Aufl. § 2314 Rn. 10 [Stand: 10. Januar 2022]; NK-BGB/Bock, Erbrecht 6. Aufl. § 2314 Rn. 12; MünchKomm-BGB/Lange, 9. Aufl. § 2314 Rn. 65; Schlitt/Müller/Blum, Handbuch Pflichtteilsrecht 2. Aufl. § 2 Rn. 22, 25; Schulze/Hoeren, BGB 11. Aufl. § 2314 Rn. 4; Staudinger/Herzog, BGB (2021) § 2314 Rn. 91 [Stand: 22. Mai 2022]; Damrau, ZEV 2006, 557). Werde eine Erbschaft ausgeschlagen, gelte der Anfall an den Ausschlagenden gemäß § 1953 Abs. 1 BGB als nicht erfolgt. Es sei nicht einzusehen, warum der als Erbe eingesetzte Pflichtteilsberechtigte, der die Erbschaft ausschlage, zwar nach § 2306 Abs. 1 BGB den Pflichtteil verlangen könne, ihm aber - anders als dem enterbten Pflichtteilsberechtigten - der Auskunftsanspruch nach § 2314 Abs. 1 BGB nicht zustehe (vgl. OLG Schleswig aaO Rn. 22; OLG Naumburg aaO Rn. 12)."
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